Dienstag, 1. Juli 2014

[liebe ist....]

Wer sich dazu entschließt, sein Haus mit einer oder mehreren Samtpfoten zu teilen, sollte sich darüber im Klaren sein, dass die den vierbeinigen Mitbewohnern entgegengebrachte Liebe unter Umständen nur temporär bis "überhaupt nicht" erwidert wird. Allerdings sind die Miezen je nach Charakter durchaus in der Lage, die erwünschte Gegenliebe überaus überzeugend vorzuspielen, wenn es ihnen gerade in den Katzenkram passt.

Seit mein Wildlingsmädchen Frollein Fritzi zur begeisterten Freigängerin geworden ist, hat sie sich angewöhnt morgens - untermalt von zärtlichstem Maunzen - auf meine Schlafstatt zu springen und mir mit überschäumendem Köpfchenreiben und Powerschnurren kundzutun, dass sie mich die ganze Nacht über ganz entsetzlich vermisst hat und mir (ihrer allerbesten Freundin) nun herzallerlieblichst einen wunderschönen guten Morgen wünschen möchte.

Trotz der nicht so richtig erfreulichen Tatsache, dass meine Fritzimieze diese Freundschaftsbekundungen durchaus auch gerne mal vor 5 Uhr loswerden möchte, floss mein Herz anfangs vor lauter Rührung über diese neue Zutraulichkeit schier über. Zumindest so lange, bis ich erkannte, dass dieses ganze überschwängliche Miezenschauspiel nichts weiter bedeutet als "Jetzt beweg' endlich deinen faulen Hintern aus dem Bett, ich will RAUS!" Denn just ab dem Moment, in dem die Katz' mich soweit wachgeschnurrt hat, dass ich halbwegs in der Lage bin, barfüßig und schlaftrunken die Treppe runterzutaumeln und das begehrte Fenster zur Gartenfreiheit zu öffnen, guckt mich die kleine Dame mit'm Popo nicht mehr an und hopst ohne einen Blick zurück jauchzend in ihr heissgeliebtes Jagdparadies.

Das sie mich ja doch eigentlich aus tiefstem Katzenherzchen liebt, fällt ihr aber prompt wieder ein, wenn ich später anfange, in der Küche näpfeklappernd das Frühstück für die Miezenschaft anzurichten. Wie ein weißgetigerter Blitz schwebt das flauschige Frollein durchs Fenster im Sturzflug direkt in der Küche ein, um mir umgehend inbrünstig um die Beine zu streichen und mir mit weitaufgerissenen Kulleraugen zart miauend ihre maximalgroße Zuneigung zu bekunden. Wie ein kleiner Rehbock rammt sie mir dabei ihr Köpfchen zwischen die Waden und reibt sich bis kurz vor dem totalen Fellverlust an meinen Füßen. "Du bist meine allerallerbeste Freundin! Ich hab' dich ja so, so, so lieb!" säuselt die kleine Madame und meint im Grunde doch bloss "Futter her, aber zackig! Hab' ja nicht den ganzen Tag Zeit, verdammt nochmal!"

Den sobald der gefüllte Napf den Fußboden berührt hat und der kleine Katzenkopf sich im Futter versenkt hat, mutiere ich erneut umgehend zur Persona non grata - und wenn sie anatomisch dazu in der Lage wäre, würde sie mir vermutlich den Mittelfinger zeigen.

Trotz oder gerade wegen ihres eigenwilligen, egoistischen Charakters ist Frollein Fritzi eine absolut bezaubernde Bereicherung unseres Miezhauses und ich würde das kleine Miststück nie wieder hergeben...und wenn sie mir dann hin und wieder abends einen Augenblick lang huldvoll gestattet, ihre weichen Öhrchen zu kraulen, obwohl sie satt und ausgetobt ist....dann denke ich an das Zitat, dass mir eine (Katzen-)Freundin mal mit auf den Weg gegeben hat:

"Wenn man begriffen hat, daß Lieben wichtiger ist als Geliebtwerden ergibt sich das Geliebtwerden
ganz von selbst."

Nun, ich hätte nix dagegen.



Freitag, 27. Juni 2014

[all beauty must die]

Freitagmorgen, irgendwo in Deutschland.
Morgenmüde und mit einer dampfenden Tasse Kaffee in der Hand stehe ich maximalentspannt und zufrieden am weit geöffneten Fenster, blicke über den schlaftrunkenen Garten und lausche dem Gezwitscher der Vögel. Verzückt fällt mein Blick auf einen bunten Schmetterling, der unbekümmert im Zick-Zack um die noch halbgeschlossenen Rosenblüten flattert. 


Einen Wimpernschlag später teilt sich das hohe Gras, meine weißgetigerte Killermarie stürzt sich  lautlos im Sinkflug auf den fröhlichen Falter und reißt ihn zu Boden. Es folgt ein kurzes Pfötchengemenge und Sekunden später liegt der hübsche Flattermann in Einzelteilen im Gras. Mein blutrünstiges Katzenmädchen leckt sich unschuldig die weißen Mörderpfötchen und trippelt (innerlich vermutlich fröhlich pfeifend) zurück in ihr Lieblingsversteck, um sich die Morgensonne aufs kuschelweiche Bäuchlein strahlen zu lassen.

Seufzend wende ich mich ab. Das Zusammenleben mit einer Serienkillerin zeigt doch oft, dass das Leben von filigraner Zerbrechlichkeit ist. Carpe diem, meine Herrschaften - hinter der nächsten Straßenecke könnte schon die Killerkatz' lauern.

Freitag, 23. Mai 2014

Mittwoch, 2. April 2014

[der ruf der freiheit]

Seit gut 7 Wochen leben meine 2 halbstarken Miezekatzen nun schon bei uns und Tigerdame Frau Schmitz - und obwohl beide "Neuzugänge" ja bekanntermassen über ein Jahr in den geschlossenen Räumen der Katzenhilfe wohnhaft waren, sollten Herr Tiger als ehemaliger Freigänger und Frollein Fritzi als Wildlingsmädchen natürlich irgendwann einmal genau wie Frau Schmitz auch außerhalb der eigenen 4 Wände auf Abenteuerreise gehen dürfen. Dem geneigten Leser wird die Formulierung "irgendwann einmal" ins Auge stechen - denn innerlich habe ich das Thema möglichst weit von mir weggeschoben und darauf gehofft, dass den beiden Miezen der Unterschied zwischen Fenster und Fernseher gar nicht weiter auffällt und sie im günstigten Fall einfach vergessen, dass eine Welt außerhalb meiner Haustüre existiert.

In den letzten Tagen allerdings wurde Frau Schmitz beim Verlassen des Hauses von Beiden immer neugieriger beäugt und hin und wieder streckte mein freches Katerchen seine neugierige Nase ziemlich auffällig Richtung Haustüre - und jedes Mal seufzte ich vor mich hin bei dem Gedanken, dass es nun vermutlich doch langsam Zeit würde, die Jungspunde an Freigang zu gewöhnen. In meiner Vorstellung sah dieses "Gewöhnen" so aus, dass ich beide Miezen jeweils links und rechts ganz mütterlich und achtsam ans Pfötchen nehme und mit ihnen ein paar Schritte durch den sicheren Garten spaziere. Für den Anfang sollten da ja wohl 5 ode 10 Minuten täglich dicke ausreichen und mehr würden meine kleinen Wildfänge ja auch sicherlich überhaupt nicht erwarten. Soweit der Plan.

In der Realität schoss gestern dann allerdings kurz nach 5 Uhr, als ich schlaftrunken den Müll rausbringen wollte, ein plüschiger Pfeil an meinem Bein vorbei an der Haustür hinaus und mein Tigerkater verschwand beinahe lautlos in der morgendlichen Dunkelheit. Fassungslos starre ich hinterher. Mein Tigerchen ist weg! Oh nein.
Leise hangelt sich die Panik an meinen Beinen hoch in Richtung Kehle, und als ich trotz angestrengtem Starren in die Finsternis, konzentriertem Lauschen und säuselnden "Tigerchentigerchentiiiiiigerchen"-Lockrufen keinen Hinweis auf den Verbleib des entfleuchten Katers ausmachen kann, tue ich das, was jeder erwachsene katastrophenerprobte Mensch in dieser Situation tun würde: Ich fange an zu weinen.

Es ist dunkel draußen und so viele fremde Geräusche und bestimmt hat Herr Tiger Angst und versteckt sich und überhaupt, nachher läuft er vor ein Auto oder fällt in den Teich auf dem Nachbargrundstück und überhaupt...ist diese Panikattacke vermutlich größtenteils eine Überreaktion, die der Sommerzeitumstellungs-Müdigkeit geschuldet ist. Das macht die Furcht aber nicht erträglicher. Mein Tigerchen ist weg.

Ich schnappe mir die Trockenfutter-Dose und laufe trockenfutterklappernd und leise "Tigerchentigerchentigerchen"-zischelnd die Straße auf und ab und erfülle mit meiner schlabberigen Schlafanzugshose und der ungekämmten Don-King-Gedächtnisfrisur garantiert jedes Klischee einer verrückten Katzenlady. Frau Schmitz unterdessen findet unseren morgendlichen Spaziergang super, läuft fröhlich maunzend um mich herum und macht unablässig Männchen, um sich ein Häppchen aus der klappernden Dose zu verdienen. Konzentriert schaut sie mit mir hinter jede Mülltonne und in jeden Winkel, aber dass Herr Tiger sich scheinbar in Luft aufgelöst hat, belastet sie offensichtlich nur bedingt. In meiner Not wecke ich den Hausherren und wimmere "Das Tigerchen ist weg!"...worauf jener kurz die Augenschlitze öffnet, "Ach, der kommt schon wieder!" brummelt und sich wieder umdreht. Ich widerstehe dem Impuls, ihm mit der Trockenfutterdose ein Loch in den Kopf zu hauen.

Mit einem lauten "Brrmmmmmm" zockelt der Wagen der Straßenreinigung am Fenster vorbei und versetzt Straße und Haus in dumpfe Vibration. Oh nein. Herr Tiger wird sich vor lauter Angst noch tiefer verstecken und nie-hiiiiemals wieder nach Hause kommen. Unter sturzbachartigen Tränenfluten nötige ich den schnarchenden Hausherrn dazu, umgehend das warme Bett zu verlassen und mir bitteschön so-fort bei der Katersuche zu helfen. Sein dezenter Hinweis auf die Uhrzeit und dass er ja schon eigentlich noch gerne 2 Stündchen schlafen möchte wird von mir gnadenlos niedergeheult. Das Tigerchen ist weg. Da wird der Nachtschlaf zur Nebensache. 


Langsam weicht die Dunkelheit einem zarten Dämmerungsansatz und ich habe bereits jeden Stein mehrfach umgedreht und kenne die Rückseiten sämtlicher Mülltonnen der Nachbarschaft, aber immer noch keine Spur von meinem Katerchen. Nachdem ein Hundebesitzer nebst Hund mir schon zum zweiten Mal bei seiner Morgenrunde begegnet, fragt er zaghaft ob er mir helfen könnte (was ich im Nachhinein äußerst tapfer finde, schliesslich bin ich in Schlafkleidung, habe einen irren Blick, brabbele unablässig vor mich hin und wühle hinter fremden Mülltonnen). "Mein Kater ist weg!" heule ich und auf die mitfühlende Frage "Wie lange denn schon?" winsele ich "Seit über EINER Stunde!" "Ach, der kommt schon wieder!" Männer. Alle gleich. "Der kommt schon wieder!" Pah!


Ich ringe dem netten Herren das Versprechen ab, dass er, falls er dem allerallerschönsten Kater der ganzen Welt begegnen sollte, jenen bitte umgehend zu mir nach Hause schicken möchte. Dann heule, schlurfe und klappere ich weiter. Mittlerweile zählt das Tiger-O-Meter satte 1,5 Stunden und immer noch keine Spur von...plötzlich höre ich ein Poltern auf der Treppe und ein dunkler Pfeil schiesst an mir vorbei, der sich im Hausflur zu Fell, Pfötchen und großen Kulleraugen materialisiert und mir fröhlich um die Beine streicht. Da in Extremsituation regelmässig meine katholische Erziehung durchbricht, schicke ich ein Dankgebet an den heiligen Christopherus und knuddele den unschuldig dreinblickenden Kater in Grund in Boden. Meine Güte. Das Tigerchen ist wieder da. Wohlbehalten, in einem Stück, hungrig und extrem gutgelaunt. 

Tja. 
So wie es aussieht, hat Herr Tiger nun beschlossen, dass der Zeitpunkt für Freigang gekommen ist und so wie es aussieht, pfeift er auf  "erstmal mit Mutti am Pfötchen durch den Garten zu spazieren".

Am nächsten Morgen fasse ich mir 5-6 Herzen, atme tief durch, öffne beherzt die Katzenklappe und Sekunden später verschwinden 3 Katzenkörper mit einem fröhlichen Jauchzer in der Dunkelheit. Ich trinke eine Flasche Baldrian aus und lasse mich von einem kompetenten Ärzteteam in ein künstliches Koma versetzen.

Eine knappe Stunde später werde ich geweckt, als die  heimgekehrte Miezenschaft in der Küche mit den Näpfen klappert und nach Frühstück maunzt. Na also. Läuft doch.

Dienstag, 11. März 2014

[foodfight!]

Tempus fugit bekanntermassen ja wie Hölle, und unsere samtpfötigen neuen Mitbewohner teilen nun schon fast 4 Wochen Tisch und Bett (mit mir) und Napf und sanitäre Einrichtung (mit Frau Schmitz)

Das scheue Wildlingsmädchen hat nun auch endlich Namen bekommen und taut als "Frollein Fritzi" täglich mehr auf. Immer seltener ist sie der Ansicht, dass ich ihr als furchteinflössendes, katzenmädchenmordendes Ungetüm ans Leder will und hin und wieder lässt sie sich zumindest sanft berühren, ohne gleich panikartig in ein sicheres Versteck zu entfleuchen.

Nachdem Frau Schmitz festgestellt hat, dass ihr die beiden Halbstarken weder Futter und Streicheleinheiten noch den Lieblingsschlafplatz wegnehmen, toleriert sie die tobende Anwesenheit ihrer neuen Mitbewohner als "grande dame de miezhaus" höchst gelassen und weist die zwei Teenies höchstens dann kurz zurecht, wenn sie ihr allzu übermütig an Schwanz oder Futternapf herumtollen.

Herr Tiger hat sich innerhalb kürzester Zeit vom zurückhaltenden ruhigen Katzenmann zu einem quirligen Strauchdieb entwickelt, der ständig unerwartet aus irgendeiner Ecke schiesst, uns Zweibeiner oft beinahe über den Haufen rennt und ständig auf der Suche nach Abenteuern oder Schmusehänden in bester Laune durchs Haus tobt (und dabei überzeugend die Geräuschkulisse einer mittleren Elefantenherde nachahmt).

Heute steht mir der Sinn nach Fastfood und vorfreudig lasse ich mich mit einem großen Teller frischgebratener Veggiewoscht, einer Schöpfkelle Ketchup und reichlich Currypulver an meinem Schreibtisch nieder, um ebenjene Köstlichkeit umgehend zu verschlingen und dabei ein wenig Bürokram am PC abzuarbeiten. Laut polternd nähert sich die Elefantenherde (aka "das Tigerkerlchen") über die Holzdielen im Flur und mit einem zarten Windhauch landet ein wunderschöner Katzenmann neben meinem Teller. Sofort senkt sich das schnüffelnde Katzenköpfchen Richtung Currywurst - und ich versuche, das neugierige Leckermäulchen mit meinem Kopf wegzuschieben. Herr Tiger hält konsequent dagegen und so drücken wir uns eine Weile gegenseitig die Köpfe aneinander und keiner von uns Beiden ist gewillt, das (ernährungsphysiologisch zweifelhafte) Festmahl aufzugeben.

Herr Tiger, im Umgang mit sturen älteren Damen scheinbar nicht ungeübt, wechselt die Taktik, streicht mir sanft mit seinem weichen Köpfchen über die Wange und maunzt zärtlich. Den Moment, in dem ich vor Rührung dahinschmelze, erfasst er blitzschnell als Lücke in der Deckung und stösst entschlossen mit der Pfote schnurstracks zum Teller vor. Katerlump, hinterhältiger!

Ertappt legt sich der Kater lasziv auf der Tischplatte unweit meines Tellers ab, reckt und streckt sich genussvoll und lässt dabei betont unauffällig das Pfötchen Richtung Currywurst schweifen, was von mir aber nicht unbemerkt bleibt und mit einem zarten Klaps aufs gierige Grabscherchen beantwortet wird. Nun kommt der Miezenplan B zum Tragen - schnurrendes Auf-den-Rücken-Kugeln und Bäuchlein-Zeigen, vermutlich in der nicht unberechtigen Hoffnung, dass ich dem flauschigen Schmuse-Angebot nicht widerstehen kann und meine Mahlzeit unbeaufsichtigt lasse. Angesichts eines derartigen kätzischen Taktierens muss ich kichern, mampfe jedoch beharrlich weiter.

Derart missachtet, entwickelt Herr Tiger schlagartig ein überzeugend dargebrachtes Interesse an dem Papierstapel auf meinem Schreibtisch und wendet sich ab, um konzentriert in unbezahlten Rechnungen zu schnüffeln und die Stiftebox einer gründlichen Inspektion zu unterziehen. Plötzlich zielt der Kopf wieder ruckartig zu meinem Teller und ein erneuter Durchbruchsversuch zur Brutzelwurst wird gestartet. Mit vollem Mund lache ich laut auf - was für ein süßer kleiner Taktierer! Am liebsten würde ich das Tigerkaterchen gleich mit auf meinen Teller legen und mit Haut und Haaren auffressen.

Trotz überbordendem, verliebtem Herzchen bleibe ich tapfer und verteidige mein Abendessen bis zum letzten Haps, halte ich doch Currypulver und Katzenmagen für keine der Miezengesundheit zuträgliche Kombination. Aber ein Leckerchen hat mein schlauer Kater für dieses überzeugende Schauspiel dann doch verdient und einen ketchupverschmierten dicken Schmatzer zwischen die Ohren gleich noch dazu. Bravo, bravo, bravooo!

Samstag, 22. Februar 2014

[the power of peter pan]

Der Einzug von Frau "Mühelos" Schmitz ins neue Zuhause verlief seinerzeit wie aus dem Katzenbilderbuch - die Tigerdame hat sich uns nervösen Katzen-Anfängern vorbildlich angenommen und ist direkt fröhlich und schnurrend aus der Transportbox gehüpft um uns zu begrüssen. Vom ersten Tag an scheint es ihr bei uns gefallen zu haben und abends lag sie schon langgestreckt als vierbeiniger Platzhirsch schnarchend auf der Couch. 

Das die Eingewöhnung unserer neuen Miezenmitbewohnern vermutlich ein wenig anders verlaufen würde, war mir im Vorfeld schon klar. Herr Tiger wohnte ja nun schon über ein Jahr im Miezhaus der Katzenhilfe und die kleine Wildlingsdame musste sich ja überhaupt erst an Menschen und ein Leben in einem bewohnten Haus mit knarzenden Treppen, klingelnden Telefonen, klappernden Töpfen und säuselndem Radio gewöhnen. Obwohl ich die beiden Samtpfötchen natürlich am liebsten umgehend auf meinen Schoss parken und bis zur totalen Haarlosigkeit niederkraulen würde, ist mir bewußt, dass hier eine für mich gänzlich untypische Geduld vonnöten sein wird. Aber - Leben heißt Lernen - und ich freue mich auf die Herausforderung und die neuen Erfahrungen. 


Erwartungsgemäss kommt mir also ausschließlich eine fröhliche maunzende Frau Schmitz entgegengeflitzt, als ich am ersten Abend nach Einzug der Miezen nach getanem Tageswerk das Haus betrete - die beiden "Neuen" liegen zusammengekuschelt ganz tief unter dem Bett ihres Gästezimmers und schauen mich von dort aus mit großen Augen an. Allerdings sind die Futternäpfe blankgeputzt und auch die sanitären Einrichtungen wurden besucht, also scheint die Furcht tagsüber nicht allzu groß gewesen zu sein. 

Um die Beiden mit dem Klang meiner Stimme im speziellen und meiner Person im allgemeinen vertraut zu machen und ihnen nebenbei unmissverständlich klarzumachen, dass sie hier in einem höchstintellektuellen Haushalt gelandet sind, werde ich ihnen (bzw. dem Bett) heute abend etwas vorlesen. "Die Abenteuer des Peter Pan" steht auf dem Kulturprogramm - auf englisch, natürlich. Schliesslich sind wir hier nicht bei Hinz und Kunz und so. 

Um die Miezen im Versteck nicht zu sehr zu bedrängen, platziere ich mich so weit entfernt wie es in dem kleinen Raum möglich ist, und zwar direkt neben dem Katzenklo. Wenig heimelig und nur mässig gemütlich - aber was tut man nicht alles. Also schlage ich das Werk auf und bemühe mich um eine möglichst harmonische Stimmlage..."All children, except one, grow up"...

Nach 10 Minuten steckt Frau Schmitz ihre Nase ins Zimmer, befindet mein Gebrabbel aber recht schnell als "laaaangweilig" und verschwindet in Richtung spannenderer Abenteuer in den Garten. Von den beiden neuen Mietern unter dem Bett ist nichts zu hören, noch nicht mal ein leises Atmen oder Rascheln...tapfer trage ich weiter vor..."Wendy knew that she must grow up. You always know after you are two. Two is the beginning of the end"...sehr bedeutsam, wie ich finde. Gefühlte 3 Stunden und mehrere Knoten in der Zunge später vernehme ich ein zaghaftes Schmatzen...Herr Tiger hat angefangen sich zu putzen, was zwar eine ziemliche schnöde Missachtung meines kulturellen Vortrags, aber immerhin ein Zeichen von Wohlfühlen darstellt. Läuft. 

Kurze Zeit später schiebt sich ein kleines Tigernäschen unter dem Bett hervor und sein Besitzer guckt neugierig, wer zur Hölle denn da die ganze Zeit diesen unverständlichen Blödsinn von sich gibt. "Oh, die kenn ich doch!" Mit hocherhobenem Schwänzchen kommt der Katzenmann auf mich zugetrippelt, um mir Köpfchen zu geben. Nach ein bißchen Kraulen verwandelt sich Herr Tiger in einen Rollmops und kugelt sich wie ein Gummiball über den Boden und hält mir seinen Flauschbauch zum Streicheln entgegen. Tja, was soll ich sagen. Läuft. Ich bin entzückt. Herr Tiger ist fröhlich, schmusig und scheint sich zu freuen, dass er jetzt hier ist.

Und die Tatsache, dass ihrem Kumpel bislang kein Unglück geschehen ist, seit er sein Versteck verlassen hat, scheint auch die kleine Katzendame zu ermutigen, sich unter dem Bett hervorzuwagen. Zwar ein bißchen ängstlich, aber unübersehbar neugierig schleicht sie in sicherem Abstand zu mir durchs Zimmer und lässt sich sogar huldvoll dazu herab, ein Leckerchen von meiner weit ausgestreckten Hand zu stibitzen. 

Ich schliesse zufrieden mein Buch. Jetzt braucht die süße kleine Dame nur noch einen Namen, und dann werden wir mal schauen was die Zukunft bringt.

"Mein noch nicht erreichtes Berufsziel ist es, einen dreiteiligen Roman zu schreiben, über meine Abenteuer!" "Welche Abenteuer?!"
"Ich muss sie erst noch erleben!"
(aus Peter Pan)




Freitag, 21. Februar 2014

[aller süßen dinge sind drei]

Hätte man mir vor einem Jahr gesagt, dass zum heutigen Tage nicht nur eine, sondern gleich drei Miezekatzen unser Haus als ihren festen Wohnsitz angeben, hätte ich maximalamüsiert und ungläubig den Kopf geschüttelt. Aber zum einen kommt es im Leben halt oft anders als man denkt und zum anderen ist der Kopf bekanntermassen rund, damit das Denken die Richtung ändern kann und ich mich nicht um mein "Keine-Katze-niemals-nicht!"-Geschwätz von gestern kümmern muss.

Als Frau Schmitz hier Einzug gehalten hat, galt sie als "unverträglich mit Artgenossen", was uns Zweibeinern sehr recht war - wollten wir ja ohnehin nur einer einzigen Samtpfote Obdach gewähren. Nachdem sich der Schmitzster aber mit diversen vierbeinigen Feriengästen sehr entspannt und beinahe gastfreundlich präsentiert hat und mein eigenes Herz mittlerweile voll und ganz im Vierpfötchentakt schlägt, kam es dann wie es vermutlich kommen musste - da war da dieser wunderhübsche Tigerkater, der schon ein ganzes Jahr in der Katzenhilfe wohnte und sich Menschen gegenüber bislang eher ängstlich bis uninteressiert gezeigt hat. Bei meinen Besuchen in seiner Pflegestelle haben wir uns nach und nach angefreundet und eines schönen kalten Wintertages liess sich Herr Tiger nicht nur von mir streicheln und das Bäuchlein kraulen, sondern leckte mir in einem Abwasch gleich noch die Nase ab. Damit war quasi der Mietvertrag unterschrieben und Herr Tiger durfte bei mir Einzug halten. Damit sich der gesellige Katzenmann mit Frau Schmitz als einziger Miezengesellschaft nicht einsam fühlte, durfte er eine kleine Freundin mitbringen - ein wunderhübsches scheues Wildlingsmädchen, das ebenfalls schon ein Jahr im Katzenhilfe-"Miezhaus" wohnte und bislang weder Menschenkontakt noch das Leben in einem Haushalt kennt. In Sachen "Herausforderung als Katzenanfänger" werden also keine halben Sachen gemacht, wir schöpfen aus den Vollen...Katzenzusammenführung und Wildlingszähmen in einem Rutsch.

Und so geschah es, dass vor knapp 1,5 Wochen 2 Transportkörbe mit zuckersüßem Inhalt in mein Haus getragen wurden - aus einem Korb streckte mir Herr Tiger schon seine kuschelweichen Pfötchen entgegen, aus dem anderen Korb schaute mich ein ängstliches bildschönes Augenpaar misstrauisch an.

Herr Tiger schubst die Box schon von innen mit der Nase an und begehrt die Freiheit, begrüsst mich kurz und realisiert dann "Huch! Hier war ich ja noch NIE! Das riecht aber komisch hier und wie das aussieht!" und verkrümelt sich sicherheitshalber in eine Höhle des Kratzbaumes. Sicher ist sicher. 


Das bis dato namenlose Katzenmädchen bringt sich durch einen Sprung wie ein geölter Plüschblitz unters Bett in Sicherheit...und Frau Schmitz steckt umgehend ihre süße Neugiernase ins Zimmer, schnüffelt misstrauisch - und verliest den beiden neuen Mitbewohnern erstmal leise brummend die Hausordnung, damit erst gar keine Missverständnisse aufkommen, wer hier die Chefin ist. Sehr schlau, sowas klärt man immer am besten sofort.

Als die leeren Transportkörbe wieder hinausgetragen werden und sich die Haustüre schließt, schmunzele ich in mich rein - jetzt bin ich also die schrullige Tussi ohne Kinder mit 3 Katzen.

Nun ja. Könnte schlimmer kommen.